ETFssind ja schon seit einigen Jahren in aller Munde. Überall liest man von ETF-Sparplänen und wie sinnvoll diese sind.
Ja, aber was genau sind ETFs eigentlich? Seit wann gibt es ETFs und was ist dran an dem Hype?
Wir wollen uns hier näher mit dem Thema beschäftigen und ein paar Fragen zu ETFs beantworten.
ETF steht für „Exchange Traded Fund“ und ist ein börsengehandelter Indexfond. Ziel ist es die Wertentwicklung eines Index möglichst exakt nachzubilden. Es gibt zum Beispiel ETFs die den DAX, MDAX, MSCI World, Nasdaq, Dow Jones und viele weitere Indizes nachbilden. Zunehmend gibt es auch immer mehr Special Interest und Branchen-ETFs, z.B. für Zukunftsthemen wie Urbanisierung, alternative Antriebstechnologien, Wasser, saubere Energie, alternde Bevölkerung, künstliche Intelligenz und viele weitere. Auch gibt es ETFs für verschiedene Anlagestrategien, wie z.B. ein ETF mit dividendenstarken Aktien, usw.
Aber der Reihe nach.
Seit wann gibt es ETFs?
In Deutschland werden ETFs seit dem Jahr 2000 angeboten. Es begann mit ETFs auf die Indizes EURO STOXX 50 und STOXX Europe 50. Ein Jahr später folgte der erste DAX-ETF und im Jahr 2005 der berühmte ETF auf den MSCI World von iShares. Die Entstehungsgeschichte reicht aber weit zurück und begann mit der Ursprungsidee des Mathematikers Louis Bachelier der berechnete, dass die Chance den Markt mit Aktien zu schlagen bei 50% liegt. In den 1950iger Jahren griff Harry M. Markowitz die Idee auf und entwickelte seine Portfoliotherorie, nach der durch Diversifikation das Verlustrisiko reduziert wird ohne die Renditechancen zu schmälern.
Ergänzend ist hier allerdings zu sagen, dass bei Finanzkrisen natürlich auch die ETFs vor Verlusten nicht geschützt sind. Diversifikation ist zwar ein wichtiger Baustein das Verlustrisiko zu minimieren, aber keine Garantie. Rendite gibt es immer nur in Verbindung mit Risiko. Mehr erfährst Du in meinem Beitrag über das „Magische Dreieck zur Vermögensanlage“.
In den 1070er Jahren entstand in den USA der erste ETF für institutionelle Anleger. Für Privatanleger ging es in den 1990er Jahren in Kanada und den USA los.
Waren ETFs zu Beginn noch recht unbekannt und für Finanzberater wenig attraktiv – ließ sich mit deren Vermittlung schließlich keine Provision verdienen – wächst der ETF-Markt für Privatanleger unaufhaltsam weiter. 2020 lag das weltweit in ETF verwaltete Vermögen bei unglaublichen 7.737 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich, im Jahr 2005 waren es gerade einmal 417 Milliarden US-Dollar (Quelle: Statista.com)
Und wie wähle ich jetzt einen für mich passenden ETF aus?

Welchen Index möchtest du abbilden?
Zunächst einmal solltest du für Dich entscheiden, welchen Index du abbilden möchtest? Planst du zum Beispiel Deine Aktien breit zu streuen, könnte der MSCI World für dich interessant sein. Hier sind 1.583 Unternehmen (Stand 30.4.2021) aus 23 Industrieländern enthalten. Mit fast 67% machen allerdings Unternehmen aus den USA den größten Anteil aus. Dies solltest du beachten, falls für dich zum Beispiel auch Indizes wie der S+P 500 interessant sind. Hie sind die 500 größten Unternehmen der USA enthalten. Schau dir also vorher den Index genau an um Risiken hinsichtlich Länder- und Brachengewichtung zu vermeiden. Falls du innerhalb Deutschlands investieren möchtest, kämen Indizes wie beispielsweise der DAX oder MDAX in Frage.
Eine noch breitere Diversifikation als den MSCI World erhältst du mit einem ETF der den MSCI All Country World Index abbildet. Hier sind 2976 Unternehmen aus 23 Industrie- und 27 Schwellenländern vertreten. Die breitere Diversifikation ist ein Vorteil für den Anleger. Durch die Schwellenländer, deren Anteil 10% am MSIC ACWI beträgt, sinkt der Anteil US-amerikanischer Unternehmen im Vergleich zum MSCI World Indes von 67% auf etwa 60%. Ist dir Nachhaltigkeit und gute Unternehmensführung bei der Auswahl der ETFs sehr wichtig, solltest du bedenken, dass bei den Schwellelländern China am Stärksten vertreten ist.
Auch spielen Anlagestrategien, Brancheninteressen, Nachhaltigkeitskriterien bei der Auswahl des ETFs eine Rolle über die du dir vorher Gedanken machen solltest. Womit fühlst du dich wohl und wo möchtest du dein Geld investieren?
An dieser Stelle noch ein wichtiger Hinweis: wissenschaftlich konnte nicht nachgewiesen werden, dass die Auswahl von Branchen-ETFs über einen signifikaten Zeitraum hinweg eine Outperformance im Vergleich zu einem breit diversifizierten Weltportfolio liefert. Ausführliche Informationen hierzu findest du in dem Buch „Souverän investieren mit Indexfonds & ETFs“ von Gerd Kommer (unbezahlte Werbung).
Thesaurierend vs. ausschüttend
Hier ist der Umgang mit den Dividenden gemeint. Es gibt ETFs die ihre Dividenden ausschütten und ETFs, die die Dividenden automatisch reinvestieren (thesaurierend). Um den Zinseszinseffekt auszuschöpfen, sind thesaurierende ETFs für einen langfristigen Vermögensaufbau besser geeignet. Auch hierbei kommt es natürlich auf deine Strategie an. Interessierst du dich für ein regelmäßiges, passives Zusatzeinkommen, wären dagegen ausschüttende ETFs das Richtige. Bei Brokern in Deutschland werden die Ausschüttungen automatisch versteuert und du musst dich darum nicht kümmern. Bei thesaurierenden ETFs wird am Jahresbeginn eine steuerliche Vorabpauschalte einbehalten . Der Gesetzgeber hat so durch die Investmentsteuerreform aus dem Jahr 2018 versucht ausschüttende und thesaurierende ETFs gleich zu behandeln. Steuerliche Optimierungen wären zum Beispiel durch Ausschöpfung des Freibetrags auf Kapitalerträge in Höhe von 801 Euro möglich. Bis zu diesem Betrag könnten ausschüttende ETFs sinnvoll sein. Möchtest du das Geld dann aber wieder reinvestieren, fallen Transaktionskosten an, die bei thesaurierenden ETFs (da automatische Reinvestition) wegfallen. (Disclaimer: ich bin keine Steuerberaterin. Bitte informiere dich hierzu bei deiner/deinem Steuerberater:in was für dich sinnvoll ist).
(Vollständige) physische vs. synthetische Replikation
Physische Replikation
Es gibt verschiedene Methoden wie ein ETF den entsprechenden Index repliziert. Bei der physischen Replikation kauft der ETF die Anteile der Unternehmen in dem Verhältnis, in dem sie in dem jeweiligen Index vertreten sind. Diese Methode ist die vollständige Replikation. Bei sehr breit diversitfizierten Indizes wie z.B. den MSCI World mit über 1.650 Unternehmen ist diese Replikationsmethode nicht so einfach umsetzbar bzw. mit sehr viel Aufwand und Kosten verbunden. In diesem Fall eignet sich die Sampling-Methode. Hier wird nur eine Auswahl, z.B. die wichtigsten oder liquidesten Titel gekauft, die den größten Einfluss auf die Index-Performance haben.
Synthetische Replikation
Bei der synthetischen Replikation wird der Index über Tauschgeschäfte (sogenannte „Swaps“) nachgebildet. Die Tauschgeschäfte erfolgen über Derivate mit Finanzinstituten. Diese garantieren dem ETF-Anbieter gegen eine Gebühr die Indexrendite zu liefern. Diese Replikationsmethode ist insbesondere durch die Finanzkrise 2008 in Verruf geraten. Durch die Tauschgeschäfte besteht grundsätzlich ein Kontrahentenrisiko. Gesetzlich ist das Kontrahentenrisiko pro Swap auf 10% des Fondsvermögens begrenzt. Um das Risiko zu minimieren, gibt es ein Sicherheitsportfolio. Mit den Anlegergeldern wird in Wertpapiere investiert, die in dem Sicherheitsportfolio hinterlegt werden. Diese Wertpapiere müssen aber nicht wie bei physisch replizierenden ETFs mit dem nachgebildeten Index übereinstimmen.
Ein Vorteil von synthetisch replizierenden ETFs ist der in der Regel geringere Tracking Error. Über die Tauschgeschäfte kann der Index genauer nachgebildet werden.
Die meisten Anleger:innen fühlen sich mit physisch replizierenden ETFs am Wohlsten, da hier auch wirklich in die Wertpapiere investiert wird, die in dem nachgebildeten Index enthalten sind. Viele ETF-Anbieter sind den Wünschen der Kund:innen nachgekommen und bieten vermehrt physisch replizierende ETFs an, während synthetisch replizierende ETFs weniger werden.
Kosten
Ein ganz entscheidender Vorteil von ETFs gegenüber aktiv gemanagten Fonds sind die deutlich geringeren Kosten. Zahlt man beispielsweise für einen aktiv gemanagten Fonds 3% jährliche Gebühren, bei einem ETF dagegen lediglich 0,3% ergibt das durch den Zinseszinseffekt über die Jahre hinweg einen enormen Renditeunterschied. Um dir den Unterschied anschaulich zu zeigen, zitiere ich folgendes Beispiel aus dem Buch „Souverän investieren mit Indexfonds & ETFs“ von Gerd Kommer (unbezahlte Werbung).
Das Anfangsinvest beträgt 10.000 Euro und die angenommene Rendite 8% pro Jahr vor Kosten. Es wurden keine Steuern berücksichtigt.
Investmentlaufzeit in Jahren | Wert nach 10 Jahren | nach 20 Jahren | nach 30 Jahren |
---|---|---|---|
Vermögensendwert vor Kosten (keine lfd. Anlagekosten, Rendite 8,0% p.a.) | 21.600 € | 46.600 € | 100.600 € |
Vermögensendwert nach lfd. Kosten von 3,0% p.a. (aktiv gemanagter Fond) | 16.300 € | 26.500 € | 43.200 € |
Vermögensendwert lach lfd. Kosten von 0,3% p.a. (ETF) | 21.000 € | 44.100 € | 92.600 € |
Endwertvorsprung von ETF in Euro | 4.700 € | 17.600 € | 49.400 € |
Endwertvorsprung von ETF in % | +29% | +66% | +114% |
Bei der Auswahl des ETFs solltest du dir daher ganz genau die Kosten ansehen. Du findest sie in Form des Total Expense Ratios (TER) in den Anlegerinformationen. Hier enthalten sind die laufenden Kosten. Nicht enthalten sind die Wertpapierhandelskosten, die Kaufkosten (z.B. Ausgabeaufschlag, Geld-Brief-Spanne) und die Depotgebühr.
Die Handelskosten unterscheiden sich je nach Broker. Beim Kauf des ETFs fallen Ordergebühren an. Auch bei einer Sparplan-Ausführung werden Gebühren berechnet. Online-Broker bieten oft die Möglichkeit an, ETFs im Rahmen eines Sparplans kostenlos zu besparen.
Fondsvolumen und Fondsalter
Bei der Auswahl des ETFs geben das Fondsvolumen und das Fondsalter noch wichtige Hinweise. Ist das Fondsvolumen größer als 100 Mio Euro, kannst du davon ausgehen, dass der ETF wirtschaftlich ist und nicht in der nächsten Zeit aufgrund zu geringen Volumens liquidiert wird. Bei einem ETF der länger als drei, besser fünf Jahren besteht, liegen dir mehr Daten zum Vergleich vor. Je länger sich der ETF am Markt etabliert hat, desto geringer ist auch hier die Wahrscheinlichkeit, dass er zeitnah liquidiert wird.
Welche Nachteile gibt es?
Bedingt durch den großen Hype den ETFs in den letzten Jahren erfahren haben, hört man auch immer wieder negative Stimmen. Was ist dran an der Kritik? Im folgenden greife ich ein paar der Kritikpunkte auf.
Im Vergleich zum Kauf von Einzelaktien erhältst du beim Kauf von ETFs keine Stimmrechte für die Unternehmen in die du investiert bist. Ob dies wirklich ein Nachteil ist, sei aber mal dahin gestellt. Für die Ausübung der Stimmrechte solltest du sehr gut über ein Unternehmen informiert sein. Da bei der Entscheidung für ETFs ein wesentlicher Bestandteil der Strategie die sehr breite (bei MSCI ACWI sogar weltweite) Diversifikation und dadurch auch die Risikoreduzierung ist, sehe ich das nicht als Nachteil. Sollte dir die Ausübung eines Stimmrechtes für ein Unternehmen, das dir beispielsweise am Herzen liegt, wichtig sein, besteht hier immer noch die Möglichkeit zusätzlich Einzelaktien zu erwerben. Zudem verfallen die Stimmrechte nicht sondern werden von den ETF-Anbietern genutzt. Eine Dokumentation über die Ausübung der Stimmrechte werden in den „Stewardship Reports“ veröffentlicht.
Auf mögliche Nachteile bei der Replikationsmethode bin ich weiter oben schon eingegangen. Ein weiterer Kritikpunkt den ich in Zusammenhang mit ETFs schon öfter gelesen habe, ist, dass bedingt durch den Hype den ETFs sein einigen Jahren erleben, sehr viel Liquidität in den Markt geschwemmt wird und bedingt durch die passive Indexnachbildung die Marktkapitalisierung einiger Unternehmen ungerechtfertigt steigt. Nach einer Recherche von justetf waren im Juni 2021 von den weltweit rund 60.000 Titeln auf dem Aktienmarkt (Wert ca. 115 Billionen US-Dollar) lediglich etwa 8 Billionen US-Dollar in Aktien-ETFs investiert. Das sind weniger als 7 Prozent.Zudem bleibt zu bezweifeln, ob aktive Fondmanager:innen wirklich in der Lage sind anhand der Fundamentaldaten über Jahre hinweg „gute“ und „schlechte“ Unternehmen zu identifizieren und entsprechend bei den Investitionen zu berücksichtigen. Zahlreiche wissenschaftliche Studien haben dies mittlerweile widerlegt.
Ich hoffe der Beitrag über ETFs war für dich eine hilfreiche Zusammenfassung und hat dir ein paar nützliche Insights gegeben um dich bei der Auswahl für dich relevanter ETFs zu unterstützen.
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POSTED ON
20. März 2022
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20. März 2022